3D Druck – Bedrohung oder Chance für Künstler und Sammler?

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Mit den Themen Fotogrammmetrie und 3D Druck entstehen für den 3D Künstler ganz neue Möglichkeiten für Marketing und Vertrieb aber auch für die eigene künstlerische Entwicklung.

Die vermeintlichen Nachteile und Risiken wurden bei der Digitalisierung von Bildern, Musik und Videos schon lange diskutiert und durch die reale Entwicklung widerlegt.

Wer diese neuen Möglichkeiten nun für sich annimt und entwickelt hat einen spannenden Weg vor sich.

Was genau ist 3D Druck?

Wie viele andere Technologien, die wir hier auf Kulturschokolade besprechen, hat auch der 3D Druck in wenigen Jahren enorme Schritte nach vorne gemacht.

3D Drucker sind bei gleichem Preis leichter zu bedienen und liefern immer bessere Ergebnisse.

Zusätzlich wird das Spektrum der Materialien mit denen man drucken kann – sozusagen „die Tinte“ – immer größer.

Man sprich auch von „Additive manufacturing“, da hier anders als beim Hobeln, Zerspanen, Bohren etc. kein Material abgetragen wird sondern meist Schicht für Schicht aufgebaut wird um das Werkstück entstehen zu lassen.

Auch wenn das Drucken von 3D Objekten noch lange nicht trivial ist zeichnet sich schon deutlich ab, dass 3D Drucker auf dem Weg in den Mainstream sind. Und dabei ist es egal ob dieser Weg nun 5 Jahre oder noch 10 Jahre „lang“ ist.

Das Thema 3D Druck ist so vielfältig wie man sich nur denken kann:

Gedruckt wird heute schon alles Mögliche: von Gadgets über Ersatzteile für Oldtimer bis hin zu Raketenteilen – und eben auch Kunst.

So sieht ein 3D Drucker aus

So sieht der Drucker in Aktion aus:

Ist einmal ein digitales 3D Model in geeigneter Form vorhanden lässt es sich mittels eines 3D Druckers quasi beliebig oft replizieren.

Wie man diese 3D Daten erstellen kann, haben wir hier einmal skizziert: https://kulturschokolade.org/bildhauerei-digitalisiert-ein-bericht/

Der Prozess der Photogrammmetrie zur Erstellung dieser 3D Daten verlangt heute noch einiges an KnowHow und Erfahrung – es ist aber zu erwarten dass dieses sich in wenigen Jahren ändern wird.

Dann werden wohl moderne Smartphones in der Lage sein aus einigen Fotos oder einem Video die Geometrie von Objekten abzuleiten und somit die 3D Modelle zu erstellen, die für einen 3D Druck notwendig sind.

Was heißt das für den Bildhauer?

Es heißt dass – heute noch mit professioneller Hilfe, in wenigen Jahren durch jedes Smartphone – milimetergenaue digitale Zwillinge der Skulpturen erstellt werden können, die mittels eines 3D Druckers repliziert werden können.

So würde ein solches 3D Model aussehen:

Ist das eine Gefahr?

Auf den ersten Blick kann es bedrohlich klingen:

Irgendwer macht ein paar Fotos von meiner Skulptur und druckt dann eine Kopie des Kunstwerkes aus und fällt als potentieller Käufer aus.

Aber ist das wirklich so?

Erstmal muss man sagen, dass der Bildhauer sich hier in guter Gesellschaft befindet: Ähnliches gilt für Fotographen und Maler schon seit langem:

Ich kann ein Gemälde fotografieren, vielleicht noch digital nachbearbeiten, hochskalieren und es hochwertig ausdrucken – schon hängt eine digitale Kopie bei mir an der Wand.

Mit dieser Situation leben andere Künstler schon seit Jahren.

Also gibt es keinen Grund für den Bildhauer nervös zu werden:

So wie 2D Drucker nicht der Malerei geschadet haben, werden auch 3D Drucker nicht dem Bildhauer schaden.

Auch wissen wir von ähnlichen digitalen Entwicklungen aus der Vergangenheit (Musik, Filme, Spiele, etc.) dass Personen, die eine „Raubkopie“ dem Original vorziehen in den meisten Fällen dies tun, weil sie sich das Original (noch) nicht leisten können.

Diese Personen kannibalisieren also nicht die Verkaufserlöse.

Das Gegenteil ist der Fall: auch Raubkopien sorgen für Sichtbarkeit – eben auch bei Leuten die dann lieber ein Original kaufen als eine Raubkopie zu besitzen.

Von Spielen und anderer Software ist sogar bekannt, dass Personen die ursprünglich eine Raubkopie einer Software besaßen, sich das Original nachgekauft haben, sobald sie dazu finanziell in der Lage waren.

Also – abgesehen von vielleicht einem emotionalen Vorbehalt dem Thema gegenüber – scheint der Künstler hier nicht substantiell bedroht.

Aber was wird der Sammler sagen?

Jetzt kann man sich noch fragen ob nicht der Sammler eine Inflationierung des Originals fürchten wird wenn von dem Kunstwerk 3D Modelle im Internet existieren, die ausgedruckt werden können?

Auch hier gilt das oben schon gesagte:

Ein Original bleibt ein Original:

Ein handsignierter Druck verliert nichts von seinem Wert und seiner Einmaligkeit dadurch dass jemand ihn auf den Fotokopierer legt und sich diese Kopie ins Wohnzimmer hängt.

Also auch für den Sammler gilt Entwarnung:

Diese neuen Technologien bedrohen nicht seine Sammelleidenschaft und die Wertigkeit der gesammelten Objekte.

Alles gut – kein Grund zur Sorge

Ist das Ganze dann vielleicht sogar eine Chance?

Schauen wir uns nun den spannende Teil an:

Die neuen Möglichkeiten die sich für den Bildhauer durch digitale Zwillinge seiner Werke und 3D Druck ergeben.

Soziale Medien und online Marketing

Im Gegensatz zu Malern konnte der Bildhauer seine Werke online nur unbefridigend mittels Fotos präsentieren.

Ein digitaler Zwilling wie oben gezeigt erlaubt eine vollständige Präsentation in allen Dimensionen.

Und so wie es Youtube für Videos gibt und Instagram für Fotos, so gibt es auch soziale Kanäle und Verbreitungsmöglichkeiten für 3D Content.

Der neue 3D Content eröffnet also auch neue Marketingkanäle.

Online Verkauf

aus dem eCommerce sind mittlerweile solide Zahlen bekannt, die beweisen, dass Produkte die in Form von 3D Modellen im online shop gezeigt werden sich deutlich besser verkaufen als Produkte die nur mittels Fotos präsentiert werden.

Also auch hier ist es vielleicht für den Bildhauer eine Überlegung mit diesen neuen Möglichkeiten den Sprung in den Direktvertrieb online zu wagen.

Dokumentation und Archiv

Von manchem Objekt trennt sich der Künstler nach einem Verkauf nur schweren Herzens. Über die Jahre wird viel produziert und verkauft und der Künstler verliert seine verkauften Werke aus den Augen.

Die digitalen Zwillinge möglicherweise in Kombination mit einem 3D Ausdruck erlauben dem Künstler ein persönliches Archiv aufzubauen und aus sentimentalen oder praktischen Gründen längst verkaufte Werke erneut zu betrachten.

Editionen und Low Cost Varianten

Digitale Zwillinge erlauben es dem Künstler, Editionen herauszubringen.

Vielleicht verkaufen sich 10 Kopien für 500€ pro Stück leichter als ein Einzelstück für 5.000€?

Oder man bringt neben dem Original noch eine Edition mit halber Größe zu einem reduzierten Preis heraus.

Da sich digitale Zwillinge nahezu beliebig skalieren lassen, hat der Künstler auch die Möglichkeit am Markt zu testen welche Größe eines Werks den besten Anklang findet.

Marketing und Vertrieb

3D Drucke können mit entsprechendem KnowHow vergleichsweise schnell und auch kostengünstig hergestellt werden.

Vielleicht macht es Sinn einem entfernten Sammler eine digitale Kopie zukommenzulassen um ihm die Kaufentscheidung zu erleichtern? Der Sammler hat die Replik in der Hand und kann dann das Original gleich online kaufen.

Digitale Varianten

Der Künstler kann mittels Software den digitalen Zwilling noch ergänzen oder ändern. Vielleicht ist manche kreative Idee des Künstlers am physischen Werkstück nicht umsetzbar.

Den digitalen Zwilling digital nachzubearbeiten und kreativ zu ergänzen kann für die Bildhauerei neue Impulse bedeuten.

Abgeleitete Produkte

Da man die Werke auch miniaturisieren kann ist auch denkbar Sie als Schmuck oder Accessoir stark verkleinert auszudrucken und vielleicht als gadget zu verkaufen oder als giveaway an noch unentschlossene Sammler zu verteilen.

Schöne neue Welt …

Natürlich wird nicht alles hier aufgezählte für jeden Künstler verlockend sein. Mancher Bildhauer wird vielleicht die Nase rümpfen bei dem Gedanken einer „low Cost“ Variante seiner Kunst.

Aber die Vielzahl der nun offenen Möglichkeiten bleibt als potentieller Entfaltungsraum der Bildhauerei, die bis vor Kurzen nur sehr eingeschränkte digitale Möglichkeiten hatte.

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